Alles ist doch mit allem verbunden — Lokha Samstha Sukhino Bhavantu
Als Buddhisten wissen wir, dass alles mit allem verbunden ist. Ohne Henne kein Ei, ohne Ei keine Henne. Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose……….und die Blume blüht, weil sie blüht. Alles bedingt
einander. Wir wissen auch, dass der Wandel das einzig Beständige ist. Aber spüren wir all diese Kalenderweisheiten auch in unseren Herzen? Und handeln wir entsprechend. Sind wir zu tief
verbindender Empathie fähig?
Das Konstrukt Familie wird ja neuerdings wieder sehr gehypt…….es erinnert mich manchmal schon an eine graue Vergangenheit, die wohl kein mitfühlendes Wesen wiederbeleben möchte. Wir sind
verbunden mit unseren Kindern und Kindeskindern, würden für sie durch die Hölle gehen. Die Geburtenraten steigen. Und wie steht es um die Verbundenheit mit allen Wesen? Lokha samstah sukhino
bhavantu. Auch Yogis rezitieren diese Worte sehr gerne. „Mögen alle Wesen glücklich und frei sein und mögen unsere Gedanken, Worte und Handlungen zum Glück all dieser Wesen beitragen“. Wie würde
sich die Welt verändern, fühlten wir uns mit einem Schmetterling ebenso verbunden, wie mit unseren Kindern? Diese Frage breitet sich in mir aus nach der Lektüre des denkwürdigen Buches der
Biologin und Feministin Donna Haraway „Unruhig Bleiben“. Sie hat ein Wesen entworfen, halb Mensch halb Schmetterling, welches die Verbundenheit in den Genen trägt und entsprechend handelt. Andere
HalbMenschenWesen in ihrer Fiktion tragen zur Hälfte die Gene weiterer Tiere und die Welt wäre vielleicht eine „Bessere“. Was würde passieren, wenn wir mit anderen, nicht menschlichen,
Lebewesen verwandt wären? Eine spannende und inspirierende Idee.
Wir beuten unseren Mutterplaneten ohne Gnade aus, bequem zurückgelehnt in materiellem Überfluss, der auf der Armut anderer Kontinente gründet. Wir züchten Essstörungen, verursachen
Müllberge und verseuchen die Meere mit Plastik. Wir verschwenden Ressourcen, mehren unseren Reichtum immer weiter, und zerstören dabei unsere Lebensgrundlagen. Wir bauen eine „Festung
Europa“ und lassen die Not der anderen vor unseren Türen.
Und abends im Yogastudio rezitieren wir Lokha smastha sukhino bhavantu. Viele von uns macht diese gelebte Ambivalenz nur noch traurig und verzweifelt.
Und dann kommt diese Idee daher, wir wären z.B. verwandschaftlich mit einem Schwein oder einer Ölpalme oder einem Virus verbunden und würden mit ihnen ebenso fürsorglich umgehen, wie mit unseren
Kindern. Was, wenn wir FÜHLEN könnten, dass die Lebensgrundlagen der mit uns verwandten Art bedroht ist.
„Macht euch verwand, nicht Babys“ sagt Donna Haraway.
Wir Menschen des Westens müssen dringend lernen, uns nicht mehr für das Maß aller Dinge zu halten, unsere narzisstischen Tendenzen abzulegen, nicht so viel Geschisse um uns selbst zu machen, aus
der Bequemlichkeitsfalle auszusteigen.
Mahatma Gandhi hob den Verzicht schon über alles andere.
Wo endet unser Körper, wo beginnt der andere Mensch, wo die Umwelt, fragt Haraway.
Im Yogaunterricht bitte ich die Schüler immer wieder, sich über ihre imaginierten Wurzeln mit den Mitübenden zu verbinden, wie es die Bäume tun, in der Hoffnung, sie mögen dies auch im Garten, in
ihren Familien, in den Büros und an der Bushaltestelle tun.
Alles ist eins, sagen die Buddhisten.
Alles ist mit Etwas verbunden, sagt Haraway.
Vielleicht hilft es ja, sich in die Vorstellungen Donna Haraways einzufühlen, und so die Ecke zu erhellen, in der wir stehen.
Dann graben wir unseren Kindern und allen Erdbewohnern nicht mehr die Lebensgrundlage ab.
Dann wird Lokha Samastha Sukhino ins Handeln transformiert.